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Homestorys - Folge 01

Von Tim Burchardt

Wer weiß, ob Tom Stumpe heutzutage bei den Hannover Indians spielen würde. Wer weiß, ob er überhaupt Eishockey spielen würde. Wenn da nicht in früher Kindheit eine wunderbare Auslandserfahrung das Lebens des heute 21-Jährigen nachhaltig bereichert hätte.

Tom: Als ich fast neun Jahre alt war, sagten mir meine Eltern, die beide Lehrer sind, dass wir für zwei Jahre weggehen. Weit weg. Und zwar nach Namibia. Nach Windhoek. Vorher waren meine Eltern auch schon im Ausland. Mein Vater in Ägypten und meine Mutter in England, als ich noch nicht auf der Welt war.

Indians: Für dich sicherlich ein Schock, oder?

Tom: Klar, ich fand es überhaupt nicht cool, aus meinem Umfeld herausgezogen zu werden. Ich hatte meine Freunde, die Schule, meinen Fußballverein. Und mit einem Mal sollte all das weg sein. Meine Eltern hatte damals die Wahl zwischen Barcelona und Windhoek. Aber Barcelona war ihnen zu normal (lacht). Deshalb ging es nach Namibia.

Für Tom war es aber im Nachhinein die beste Zeit seines Lebens. Zweieinhalb Jahre im Süden eines für ihn bis dahin völlig unbekannten Kontinents. Von diesen Jahren zerrt der gebürtige Koblenzer noch heute.

Tom: Ich habe dort sehr viel Sport gemacht, weil es einfach tolle Voraussetzungen gab. In Deutschland habe ich schon früh mit Fußball und Tennis angefangen. Als wir dann nach Namibia gezogen sind, kam Inline-Hockey dazu. Und das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Sodass ich nach der Rückkehr hier dann weitergespielt habe und dann schließlich mit zwölf Jahren zum Eishockey gewechselt bin. 

Doch nicht nur die sportliche Erfahrung hat ihn geprägt, so dass er heute sagt: „Ich kann mich noch an alles von damals erinnern.“ Mit neun Jahren begann das Abenteuer für ihn, mit elf Jahren folgte dann die Rückkehr nach Deutschland.

Tom: Wenn man ein guter Sportler dort ist, dann wissen das gleich viele. Sport wird in Namibia stark gefördert. Es gibt regelmäßige Schulsport-Meisterschaften, noch viel mehr als hier bei uns. 

Indians: War es schwer, soziale Kontakte zu knüpfen?

Tom: In Namibia, das früher ja eine deutsche Kolonie war, leben noch viele Deutsche, teils in dritter Generation. Ich war an einer deutschen Schule und hatte da schon viele Freunde, die dort wohnten. Oder wie wir zum Beispiel aus Russland zugereist waren. Durch den Sport hatte ich aber viel Kontakt mit Einheimischen. Das war eine tolle Zeit. Vor allem das Essen war klasse. 

Indians: Was hat besonders gut geschmeckt?

Tom: Biltong mag ich sehr gerne. Das ist die afrikanische Art von Beef Jerky. Es gibt einen Laden in Deutschland, der das so verkauft. Das ist „Bernds Biltong Bude“, die von einem Namibier betrieben wird, der zurück nach Deutschland gekommen ist. Antilopenfleisch ist auch ein Klassiker, das man gegessen haben sollte. 

Indians: Wie müssen wir uns den Alltag in Namibia vorstellen?

Tom: Ich war ja noch sehr jung. Aber an was ich mich erinnere: Weil die Kriminalität viel höher als hierzulande, war man schon recht eingeschränkt. Jedes Haus hatte eine Mauer mit einem Elektrozaun. Auch die Sportplätze der Vereine waren alle umzäunt. Überall waren Sicherheitsleute. Man fuhr zwischen den einzelnen Orten hin und her.  

Indians: Dennoch fiel der Abschied dann sicherlich schwer, oder?

Tom: Es war ja klar, dass wir wieder zurückgehen. Das Ganze war auf zweieinhalb, drei Jahre angelegt. Wir sind dann wieder zurück in die Nähe von Koblenz gegangen. Und dann habe ich in Neuwied mit dem Eishockey angefangen. Später habe ich dann in der Jugend der Kölner Haie gespielt.

Indians: Aber irgendwann geht’s doch wieder zurück nach Namibia oder?

Tom: Ich habe schon oft über einen Urlaub dort nachgedacht. Auch weil ich noch Kontakt zu den Leuten dort habe. Bislang hat es noch nicht gepasst. Aber ich will da unbedingt wieder hin. Allein schon, weil da ja meine Eishockey-Karriere quasi begonnen hat.

Tom, der Weltreisende: Nicht nur Namibia und weitere afrikanische Staaten hat der 21-Jährige schon gesehen. Nach Peking ist er als Gastspieler der Kassel Huskies gereist und hat in New York die Weihnachtszeit erlebt. Eishockeytechnisch hat er sich in Schweden und in Tschechien „weitergebildet“ und alternativ gern mal Teile der Verwandtschaft in England besucht. 

Indians: Warum ist Eishockey so etwas Besonderes für dich?

Tom: Früher gings nur um Spaß und jetzt, wo es auch um Leistung geht, ist es natürlich ein bisschen anders. Da gibt es auch mal weniger spaßige Tage, aber trotzdem ist es das, was mich am glücklichsten macht. Wenn wir am Wochenende frei haben, trainiere ich auch mal bei der U23 der Indians mit.

Indians: Hast du manchmal Sehnsucht nach Köln? Gerade jetzt in der Karnelvalszeit?

Tom: Ich bin nicht so der Karnevalstyp. Aber meine Freundin kommt aus Köln. Und sie liebt den Karneval. Letztes Jahr war ich kurz mal dabei. Ich habe auch noch eine Wohnung in Köln, weil ich dort an der Sporthochschule studiere. Was ich mal nach dem Studium mache, weiß ich aber noch nicht genau.

Studenten-like legt er eher Wert auf bequeme Sachen. „Ich muss mich wohlfühlen. Deshalb laufe ich viel in Jogging-Klamotten herum, statt im Anzug. Ich bin eigentlich ein entspannter Typ, der sich gern mit Freunden trifft und nicht viel feiern gehen muss.“

Indians: Beim Essen auch lieber die entspannte Variante?

Tom: Seit ich alleine wohne, halte ich es relativ einfach: Nudeln, Reis. Das wurde dann immer weiter optimiert. Es kamen Curry-Varianten dazu.

Indians: Womit kann man dich kulinarisch jagen?

Tom: Thunfisch! Thunfisch mag ich gar nicht.

Indians: Muss der Eishockeyspieler eigentlich sehr auf die Ernährung achten?

Tom: Wir bekommen vom Verein Ernährungspläne. Aber ich esse ganz normal, habe nie zu- oder abgenommen. Und wenn es mal mehr sein sollte, haben Protein-Shakes geholfen.  

Vor allem Niederlage beschäftigen Tom doch mal länger. Als erklärter Kopfmensch kommt er dann schon mal ins Grübeln.

Indians: Wie wäre es mit einem Mental-Coach?

Tom: Für mich ist es sogar das Schwerste, weil ich sehr selbstkritisch bin. In meiner Kölner Zeit hatten wir die Möglichkeit, Mentaltraining zu machen, was ich auch angefangen habe. Wenn es schlecht läuft, ists schon hart. Wenn man dann beispielsweise in eine andere Reihe versetzt wird. Ich hinterfrage immer alles. Aber ich habe mir mittlerweile angewöhnt, immer möglichst positiv zu denken. 

Sehr wichtig ist Tom der Kontakt zu seinen Kumpels aus der Heimat. Da hilft dann auch schon mal die Playstation, um sich zumindest online mit ihnen zu treffen. 

Indians: Hast du ein Vorbild?

Tom: Mein Opa, der war früher auch Leistungssportler, hat Fußball bei Bayer Leverkusen gespielt. Nach seiner aktiven Karriere hat er dann Medizin studiert und mich maßgeblich zum Sport gebracht. Als ich Eishockey bei den Haien gespielt habe, hat er mich einmal in der Woche von Koblenz aus zum Training nach Köln gebracht. Und das mit 75 Jahren. 

Indians: Aktuell bist du in deiner ersten Saison als Profi. Wie geht’s dir dabei?

Tom: Es ist sehr cool. Ich kenne es teilweise schon aus meiner professionell gestrickten Nachwuchszeit. Deshalb war die Umstellung nicht so krass. Allerdings sind die Mitspieler deutlich älter. Brett ist fast 20 Jahre älter als ich. Und ich lerne als junger Spieler jeden Tag dazu.

Indians: Woraus besteht der Lernzuwachs?

Tom: Das sind Kleinigkeiten. Die älteren Spieler haben ein besseres Gefühl für den richtigen Pass. Der sieht dann zunächst nicht optimal aus, ist aber perfekt. Ich lerne, wie ich mich in gewissen Situationen optimal verhalte. Dafür bin ich schon sehr dankbar. 

Auch wenn Tom nicht an höhere Mächte oder Ähnliches glaubt, ist er sich sehr sicher, dass ihn gewisse regelmäßige Abläufe vor dem Spiel stärker machen.

Tom: Wenn ich mich gut vorbereite, bringe ich mich in eine bessere Position, erfolgreich zu sein. Ich würde nie unvorbereitet fünf Minuten vor dem Spiel in die Kabine kommen. Ich brauche immer meine feste Zeit vorher.

Indians: Gibt es ein Erfolgsrezept für dich?

Tom: Der Wille muss da sein, sich immer durchsetzen zu wollen. Die Bereitschaft, hart an sich zu arbeiten. Teamfähigkeit ist sicherlich auch wichtig, da es ja nicht nur um einen selbst geht. Und eine Prise Talent. Dann könnte was Gutes daraus werden.

Indians: Fühlst du dich sicher auf dem Eis? Oder hat dich der Vorfall mit Adam Johnson beeinflusst, der bei einem Spiel ums Leben gekommen ist?

Tom: Ich fühle mich absolut sicher. Ich bin dann voll konzentriert. Klar war diese Sache sehr erschreckend. Eishockey ist schon mit einem Verletzungsrisiko behaftet. Aber es gibt Sportarten, die deutlich verletzungsanfälliger sind. Die meisten meiner Kollegen stehen auf dem Eis, seitdem sie drei oder vier Jahre alt sind. Und denen ist so etwas noch nicht passiert. Man darf halt keine Angst haben. Denn Angst hemmt und dann passiert vielleicht doch eher etwas. Aber ich gebe immer alles und will das Maximale aus meiner Karriere herausholen. Den Traum des ersten Profi-Tores habe ich mir ja mittlerweile erfüllt. Mal sehen, wo mich der Weg hinführt.

Indians: Deshalb ists ja gut, dass ihr offensichtlich einen Trainer habt, der euch weiterbringt.

Tom: Todd Warriner weiß, was er tut. Er macht ein sehr intensives Training, so wie ich es aus meiner Zeit beim Kölner Nachwuchs auch gewohnt bin. Er hat uns gleich ein System mit an die Hand gegeben, an dem wir uns orientieren können. Das macht es schon einfacher für uns. Es ist schon mehr Speed unter der Woche nötig, aber ich fühle mich perfekt auf die Spielevorbereitet. Jeder Tag hat einen anderen Schwerpunkt, mit einem anderen Ziel. Am Montag stehen Technik und Regeneration an, damit wir wieder fit werden. Dienstag und Mittwoch ist es sehr intensiv. Am Donnerstag folgt dann die direkte Vorbereitung auf das nächste Spiel. 

Homestory 01
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